LoBiN - von der Idee zur Umsetzung eines innovativen Konzepts

Entstehungs- und Begründungslinien des Ansatzes LoBiN

Der Impuls zur Entwicklung Lokaler BildungsNetze (LoBiN) im außerschulischen Bereich der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit in Baden-Württemberg geht von den Trägern dieser Handlungsfelder aus. Trends der letzten Jahre zeigten, dass immer mehr Leistungen und Angebote der Jugendarbeit (JA) und Jugendsozialarbeit (JSA) im schulischen Bereich zwar Interesse und Akzeptanz fanden, dies aber nicht zur Stärkung der Handlungsfelder, sondern eher zu deren partiellen Schwächung führte. In hohem Maße wurden von ihnen schuldefinierte Aufgaben übernommen und Kapazitäten der Fachkräfte im schulischen Kontext gebunden. Eigenständige handlungsfeldspezifische Aktivitäten, die dem Eigensinn der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit verpflichtet sind, drohten in den Hintergrund zu treten.

 

Gleichzeitig wurde mit dem Ausbau der Schulsozialarbeit die Anzahl der Fachkräfte in den Städten und Gemeinden massiv erhöht. Damit stellte sich die Herausforderung, wie auf Seiten der außerschulischen Bildungspartner die Fachkräfte und Aktivitäten der verbandlichen Jugendarbeit, der Offenen Jugendarbeit, der Mobilen Jugendarbeit, der Schulsozialarbeit, der Jugendmigrationsdienste und der arbeitsweltbezogenen Jugendsozialarbeit miteinander verknüpft werden könnten.

 

Ein Ansatz dazu lieferte LoBiN mit der Idee, die unterschiedlichen Fachkräfte und Handlungsfelder unter der Überschrift „Bildung“ zu Bildungsnetzen außerschulischer Bildungsträger auf lokaler Ebene zusammen zu führen und diese zu formalen Bildungssystemen insbesondere den Schulen, anschlussfähig zu machen. Die Voraussetzung dafür ist, dass außerschulische Bildungsträger ihr gemeinsames Bildungsverständnis klären und so in einen Prozess der Selbstvergewisserung geführt werden. Auf dieser Basis können gemeinsame Aktivitäten entwickelt werden, die für Kinder und Jugendliche in den Städten und Gemeinden einen Mehrwert erbringen. Das ist der Kern des Ansatzes LoBiN. Dass sich LoBiN selbstverständlich auch auf den schulischen Bereich bezieht, war von Anfang an klar, aber eben aus der Position eines sich selbst vergewisserten außerschulischen Bildungsnetzes, das sowohl auf die Entwicklung eigener Aktivitäten wie auf kooperative Aktivitäten mit Schulen und anderen formalen Bildungsträgern zielt.

 

Die im Rahmen des Zukunftsplans Jugend des Landes Baden-Württemberg geförderten neun Projektstandorte des Projektes LoBiN (Blaubeuren, Böblingen, Esslingen, Isny, Karlsruhe, Reutlingen, Rottenburg, Schwäbisch Gmünd und Sinsheim) begannen mit der Implementierung der LoBiN-Konzeption in der Förderphase 2015/2016.
 

Um die Ausgestaltung und die Verstetigung des LoBiN-Ansatzes weiter voranzubringen, wurde die Anschlussförderung für LoBiN im Rahmen des Masterplans Jugend bis einschließlich Juni 2019 von sechs Standorten beantragt und wahrgenommen (Blaubeuren, Böblingen, Karlsruhe, Reutlingen, Rottenburg und Schwäbisch Gmünd).

Die Förderung der Regiestelle LoBiN beim Diakonischen Werk Württemberg erstreckt sich auf den Zeitraum 2015 bis Ende 2020.

 

LoBiN Publikationen

 
LoBiN Flyer (leichte Sprache) herunterladenBildungsverständnis der Projekte in LoBiN herunterladenLoBiN Praxishandbuch herunterladen
 

 Fachliche Ausrichtung des Projekts LoBiN

Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit ins Zentrum rücken

 

Das Grundanliegen des Projektes LoBiN ist, Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit (KJA/JSA) im Zentrum eines Bildungsnetzes von außerschulischen und schulischen Bildungsträgern in der Kommune zu positionieren. Sie vertreten dabei ein ganzheitliches Bildungsverständnis und richten den Blick auf die Lebenswelten junger Menschen. Dazu gehören: das Konzept der Selbstbildung, die Betonung informeller Bildung, die Berücksichtigung der Handlungsprinzipien Freiwilligkeit und Beteiligung und eine hohe Sensibilität für Benachteiligungen und Ausgrenzungen junger Menschen. Damit wird mit LoBiN eine Dynamik ausgelöst, die dazu führt, dass ein institutionsübergreifender Bildungsdiskurs geführt und in den einzelnen Städten und Gemeinden vor dem Horizont des Konzeptes Sozialraumorientierung in entsprechende Aktivitäten überführt wird.

 

Konkret bedeutet dies:

  • Außerschulische Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit erhalten den Auftrag und die erforderlichen Ressourcen, Bildungspartner*innen zu einem Lokalen BildungsNetzwerk zusammenzuführen.
  • Dazu gehört auch, dass außerschulische Partner auf Schulen und weitere formelle Bildungsträger zugehen, mit ihnen ein Lokales BildungsNetz knüpfen und eine Vielzahl unterschiedlichster Aktivitäten entfalten.
  • LoBiN entwickelt und unterstützt so im Zusammenspiel unterschiedlichster Akteure und Institutionen Aktivitäten, die in Städten und Gemeinden für junge Menschen neue Möglichkeiten der Selbstbildung und der Erfahrung von Selbstwirksamkeit entstehen lassen.

Die Darstellung verdeutlicht, dass LoBiN die Verknüpfung einer sozialraumorientierten Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit mit aktuellen Diskurslinien zum Thema einer ganzheitlichen und lebenslangen Bildung herstellt.

 

Blau
Der Impuls zur Netzwerkbildung geht von der JA und der JSA aus. Da sie im engen Kontakt mit jungen Menschen stehen, können sie mit ihnen Prozesse gemeinsamen Gestaltens führen. Im Kontext von Freiwilligkeit setzen die Aktivitäten an den Bedürfnissen der jungen Menschen an. Aufgrund des lebensweltlichen Zugangs zu den jungen Menschen, können die Angebote an deren Interessen ansetzen und bedarfsgerecht adressiert werden.

 

Parallel zum Prozess der Vernetzungen von Trägern und Aktivitäten der außerschulischen Bildung, gehört zum LoBiN Ansatz die Verknüpfung der außerschulischen mit der schulischen Bildung. Sowohl innerhalb des Schulsettings, als auch im Sozialraum der Kommune, werden Projekte und Aktivitäten umgesetzt, die vor dem Bestehen von LoBiN kaum realisierbar waren. Damit sind die Voraussetzungen gegeben, um schulbezogene, schulübergreifenden und sozialraumbezogene Netzwerkangeboten für junge Menschen
im Gemeinwesen voranzutreiben.

 

In einem dritten Schritt bindet der LoBiN Ansatz die KJA und die JSA in das Netzwerk der Vereine, Initiativen und anderer zivilgesellschaftlicher Bildungspartner in der Kommune ein. Damit werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass vielfältige Aktivitäten - insbesondere durch das Zusammenwirken von Akteur*innen, die bisher nicht zusammengearbeitet haben -, neue Angebote entstehen.

 

Grün
Zum Netzwerkansatz gehört die enge Abstimmung der Aktivitäten mit den Kommunalverwaltungen. Wenn die Trägerschaft von LoBiN bei der Kommunalverwaltung liegt kann davon ausgegangen werden, dass eine verwaltungsinterne Vernetzung erfolgt und die kommunal verantworteten Aktivitäten eng aufeinander abgestimmt werden.

 

LoBiN kann seine Wirkung dann entfalten, wenn der Ansatz auch in der Kommunalpolitik, also bei den Gemeinde- und Ortschaftsrät*innen bekannt ist. Auf der Grundlage von Transparenz und dem Bekanntheitsgrad von LoBiN können die Potenziale des Ansatzes besser genutzt werden.

 

Eine besondere Qualität der Vernetzungsmöglichkeiten von LoBiN, ist die Einbeziehung zivilgesellschaftlicher Partner*innen wie Kirchen und Vereine. Sie erweitern die Gestaltungsmöglichkeiten in erheblichem Maße und mit ihnen werden weitere Mitwirkende gewonnen.

 

LoBiN zeigt eine grundsätzliche strukturelle Offenheit der Arbeit im Netzwerk gegenüber der lokalen Wirtschaft, Handel und Handwerk. Insbesondere für Themen des Übergangs von der Schule ins Ausbildungs- und Beschäftigungssystem sind diese Netzwerkpartner für die Gestaltung des LoBiN Angebotsspektrums von zentraler Bedeutung.

 Gesetzliche Rückbindung des Ansatzes LoBiN

im Kontext des Landesausführungsgesetzes von Baden-Württemberg (LKJHG)

 

Der Ansatz LoBiN, außerschulische Bildungsträger der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit in der Kommune zu verbinden und sie zu der zentralen sozialräumlichen Kraft der Infrastrukturentwicklung für Kinder und Jugendliche in den Gemeinden werden zu lassen, verwirklicht zentrale Zielrichtungen, die im Landesausführungsgesetz für die Kinder- und Jugendhilfe in Baden-Württemberg verankert sind.

 

Das Kinder- und Jugendhilfegesetz für Baden-Württemberg (LKJHG) ist dezidiert gemeinwesenorientiert ausgerichtet und sieht die Jugendhilfe in Verantwortung zur lokalen Herstellung positiver Lebensbedingungen. So ist in §12 LKJHG („Vorrangige Ziele der Jugendhilfe“) in Abs. 2 ausdrücklich formuliert: „Jugendhilfe ist berechtigt und verpflichtet, sich für die Gestaltung einer positiven Lebenswelt für junge Menschen und ihre Familien, insbesondere für ein familien-, jugend- und kinderfreundliches Gemeinwesen, einzusetzen.“

 

Ein zentrales Element gemeinwesenbezogener Arbeit ist die Vernetzung von Angeboten und Einrichtungen vor Ort. In §13 LKJHG („Vernetzung und Gemeinwesenbezug von Diensten und Einrichtungen“) wird in Abs. 1 präzise als Ziel benannt, dass „Leistungen und sonstige Angebote aufeinander abgestimmt werden und sich gegenseitig ergänzen.“

 

In §13 Abs. 3 LKHG wird der gemeinwesenbezogene Auftrag der Jugendhilfe konkretisiert: „Dem Auftrag der Jugendhilfe dient der möglichst enge Bezug zum Gemeinwesen. Insbesondere Aktivitäten und Angebote zur Familienbildung, zum erzieherischen Kinder- und Jugendschutz, zur Begegnung junger Menschen untereinander und zur Förderung benachteiligter junger Menschen sollen möglichst aus dem Gemeinwesen heraus und in ihm verwurzelt entwickelt werden. Selbsthilfeaktivitäten sollen angeregt und gefördert werden.“ Damit sind zentrale Aufgabenstellungen von außerschulischer Jugendarbeit
und Jugendsozialarbeit benannt.

 

Dass dies nur in einer Vernetzungslogik von KJA und JSA mit Bezug auf die Schulen gelingen kann, macht der Gesetzgeber in §13 Abs. 4 LKJHG deutlich: „Jugendhilfe soll ihre Veranstaltungen, Dienste und Einrichtungen auf das Gemeinwesen hin vernetzen, für eine enge Zusammenarbeit untereinander sorgen und berührte Partner, insbesondere die Schulen, einbeziehen, um die Integration der jungen Menschen zu erleichtern und ihre Selbsthilfekräfte zu stärken.“ Das Prinzip von LoBiN folgt diesem Anspruch: Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit arbeiten in der Entwicklung außerschulischer Jugendbildungsangebote eng zusammen und integrieren Schulen und weitere Partner*innen mit gemeinsamen Aktivitäten und Veranstaltungen in das Lokale BildungsNetz.

 

Dass die außerschulische Jugendbildung als eigenständiges Sozialisationsfeld anzusehen ist, wird in §14 Abs. 2 LKJHG ausdrücklich formuliert: „Die Jugendarbeit wendet sich als gleichrangiger Bildungs- und Erziehungsbereich in der Jugendhilfe mit ihren Angeboten in der Regel an alle jungen Menschen bis zum 27. Lebensjahr. Sie ist neben Familie, Schule und Beruf ein eigenständiges Sozialisationsfeld.“

 

Dies wird im Rahmen einer vielfältigen Angebotspalette sowohl von freien als auch von öffentlichen Trägern in Städten und Gemeinden umgesetzt: §14, Abs. 4 LKJHG regelt: „Jugendarbeit findet statt in Veranstaltungen, Diensten, Einrichtungen und Aktivitäten freier und öffentlicher Träger, insbesondere in örtlichen, regionalen und überregionalen Gruppen, Initiativen und Verbänden der Jugend und ihren Zusammenschlüssen.“ Deshalb bezieht sich LoBiN immer auch sowohl auf freie als auch auf öffentliche Träger und ihre Angebote.

 

Die Jugendsozialarbeit, die sich in besonderer Weise um sozial benachteiligte oder in ihrer individuellen Entwicklung beeinträchtigte junge Menschen kümmert, hat nach §15 Abs. 1LKJHG die Aufgabe, Unterstützung im Übergang Schule – Beruf sowie soziale Integration „durch möglichst ortsnahe und lebensweltbezogene sozialpädagogische Hilfen, die dort ansetzen, wo sich die jungen Menschen aufhalten“ zu realisieren. LoBiN versteht sich als gemeinwesenbezogener Ansatz zur Umsetzung dieser Unterstützungsleistungen im Rahmen vernetzter Bildungsangebote.

 Strategien LoBiN in den Städten und Gemeinden aufzubauen

Die Strategien zum Aufbau Lokaler BildungsNetze ab 2015 unterscheiden sich im Hinblick auf die Größe der Kommunen und der bereits bestehenden Netzwerke vor Ort. Exemplarisch sei hier LoBiN Sinsheim genannt. Hier wurden potenzielle Netzwerkpartner*innen (Institutionen) im Rahmen einer Auftaktveranstaltung eingeladen und für die Mitarbeit im Rahmen des Netzwerks gewonnen. Von Anfang an ist es gelungen, Partner*innen mit der Idee LoBiN anzusprechen und mit ihnen unterschiedliche Aktivitäten zu planen.

 

LoBiN Rottenburg zielte mit seiner Auftaktveranstaltung nicht primär auf die Gründung eines formalen Netzwerkes, sondern auf die Bekanntmachung des Anliegens bei den unterschiedlichsten potenziellen Kooperationspartner*innen. Ziel war es, mit der Veranstaltung ein breites Spektrum Interessierter zu erreichen, Kooperationen anzubahnen
und erste Projektideen zu entwickeln. Das Schaubild zeigt einige Ergebnisse der Arbeitsgruppen, die sich bei dieser Auftaktveranstaltung zusammenfanden.

 Netzwerkstrategien in LoBiN

Bezogen auf die gesamten Projektdauer lassen sich drei unterschiedliche Netzwerkstrategien unterscheiden, die an den einzelnen Standorten je nach Anliegen praktiziert wurden.

  • Bildung eines formalen Netzwerkes: Dieser Ansatz war dort wichtig, wo Institutionen nur über formale Beteiligung eingebunden werden konnten.
  • Nutzung vorhandener Netzwerke: Dieses Vorgehen hat sich dort als erfolgreich erwiesen, wo die Koordinator*innen bestehende informelle und formelle Netzwerke dazu nutzten, Ideen und Motivationen einzelner Akteur*innen oder Gruppen aufzugreifen, diese zu unterstützen und mit Partner* innen aus anderen Netzwerken zusammenzubringen.
  • Initiative und Netzwerke als Agentur unterstützen: Hier nutzt die Koordinationsstelle LoBiN die Möglichkeiten Initiativen und bestehende Netzwerke zu beraten und ihnen Wege aufzuzeigen, wie sie Bildungsvorhaben für Kinder und Jugendliche realisieren und gegebenenfalls organisatorische, fachliche oder finanzielle Unterstützung durch LoBiN vermittelt bekommen können.

In der Gesamtschau zeigt sich, dass keiner der drei Ansätze das dominante Muster repräsentiert, wie im Rahmen von LoBiN Netzwerke aufgebaut und entwickelt werden. In der Praxis wird deutlich, dass je nach Aufgabe und Zielsetzung die Auswahl der strategischen Mittel variiert. Dabei ist zu beachten, dass sich verschiedenen Kooperationspartner*innen von den unterschiedlichen Formen der Beteiligung angesprochen fühlen.

 

Durch die sozialraumorientierte Ausrichtung lassen sich mit LoBiN neue Netzwerkpartner*innen finden und zusammenführen, die bislang nichts miteinander zu tun hatten. Aufgrund des territorialen Zusammenhangs oder des Zielgruppenbezugs treten sie nun miteinander in Beziehung. Damit wird die Begrenzung auf nur professionelle Sozialarbeitssysteme aufgebrochen und die Netzwerke erfahren eine Erweiterung um ehrenamtlich getragenen Organisationen wie Vereine, Kirchen etc. oder auch mit ganz
neuen Partnern wie die lokale Wirtschaft oder den lokalen Einzelhandel.

 Gestaltung eines lokalen Bildungsdiskurses

Was ist Bildung und wer macht Bildung in den Städten und Gemeinden?

 

Die Tatsache, dass eine wichtige Voraussetzung für die Zusammenführung der außerschulischen Jugendbildung von Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit die Entwicklung eines gemeinsamen Bildungsverständnisses ist, leuchtet zwar ein und ist plausibel. Es umzusetzen bedarf jedoch vielfältiger Anstrengungen. Grundsätzlich sind die Aktivitäten Offener Jugendarbeit, verbandlicher Jugendarbeit und der JSA nicht allein dem Bildungsbereich zuzuordnen. Sie decken auch Anwendungsbereiche ab, die sich nicht unter Bildung fassen lassen. Jedoch lassen sich eine Vielzahl von Aktivitäten, die in unterschiedlichen Handlungsfeldern mit Kindern betrieben werden, auch als Bildungsaktivitäten interpretieren und verstehen. Dies wird mit dem Begriff der informellen Bildung oder auch der Alltagsbildung gefasst. Für die Standorte von LoBiN war es von Bedeutung, mit ihren Kooperationspartner*innen diesen Diskurs zu führen. Dies ist an den Standorten unterschiedlich stark verfolgt worden bzw. gelungen.


Am LoBiN Standort Blaubeuren, also im ländlichen Raum, war es eine besondere Herausforderung, die vielfältigen Aktivitäten eines bunten Vereinslebens mit dem Bildungsbegriff zu verbinden und Akteur*innen aus Vereinen zu gewinnen, die sich im Rahmen eines Bildungsnetzwerks engagieren. Ein erfolgreiches Medium dabei war die Kontaktaufnahme des LoBiN-Koordinators mit einer Vielzahl von Vereinen, um einen Kalender zu erstellen. Örtliche Vereine konnten sich bekannt machen und mit eigens gefertigten professional gefertigten Fotos präsentieren. Im Zuge dieser Maßnahme wurden viele Bildungsdiskurse geführt. Was ist an einem Fußballverein Bildung? Warum macht es Sinn auch als Jungschargruppe eines evangelischen Jugendwerks sich im Rahmen des Bildungsnetzwerks zu engagieren?


An anderen Standorten wurde der Diskurs über das Bildungsverständnis zwar begonnen, aber nicht zu Ende geführt. Als ein wichtiges Instrument wurde deshalb von den Koordinator*innen der LoBiN Standorte ein eigenes Bildungsverständnis für den LoBiN-Ansatz formuliert, das als Arbeitsgrundlage zu verstehen ist. Dabei ist handlungsleitend, dass die Lokalen BildungsNetze grundsätzlich für alle Kinder und Jugendliche eingerichtet wurden. Dies bedeutet auch, dass sozial benachteiligte junge Menschen Adressat*innen von LoBiN sind. Dass dies insbesondere in sozialraumorientierten Kontexten nachhaltig wirken kann, wird mit dem Bildungsverständnis des LoBiN Ansatz in besonderer Weise aufgegriffen und markiert.
 
Bildungsverständnis der Projekte in LoBiNDas folgende Bildungsverständnis von LoBiN ist das Ergebnis einer Themenwerkstatt, die im Rahmen des Projektes mit den Projektkoordinator*innen und Trägervertreter*innen durchgeführt wurde. Es bildet die Arbeitsgrundlage der örtlichen Projekte.


LoBiN – Lokale BildungsNetze sind deshalb Projektgegenstand, weil damit „Potenziale der außerschulischen Bildung (Bildungspotenziale, Verantwortungspotenziale, Gemeinschaftspotenziale, Integrationspotenziale) durch Kinder- und Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit in Netzwerkstrukturen mit anderen Akteuren aus den Bereichen des Bildungs-, Sozial- und Gesundheitswesens zusammengeführt werden können“ (Projektausschreibung). Dies ist deshalb von Bedeutung, weil die “Entwicklungen der letzten Jahre von einer großen Veränderungsdynamik auf lokaler Ebene, insbesondere bei den lokalen außerschulischen Bildungsträgern und den Schulen geprägt“ ist (Projektausschreibung).


„Sollen unnötige Reibungsverluste vermieden und Wirkungen im Bildungsgeschehen von Kindern, Jugendlichen und Familien durch eine abgestimmte Zusammenarbeit von außerschulischen Bildungsträgern und Schulen erhöht werden, bedarf es einer gezielten Koordination und Vernetzung dieser Systeme auf lokaler Ebene“ (Projektausschreibung).

 

1. LoBiN nimmt die Bedürfnisse junger Menschen ernst

  • LoBiN orientiert sich an dem, was junge Menschen brauchen: Anerkennung, Ermutigung, Wertschätzung, individuelle Ansprache sowie Beziehungs- und Bindungsangebote.
  • LoBiN achtet darauf, dass junge Menschen Erfahrungen von Selbstwirksamkeit machen können, eine individuelle Förderung erfahren und mit Blick auf ihre Ressourcen erreichbare Ziele verfolgen.
  • LoBiN fördert Prozesse, die jungen Menschen emotionale Erlebnisse und Erfahrungen im Einüben von konstruktiven Formen der Auseinandersetzung vermitteln und sie dazu befähigen, Diversity bzw. den Umgang mit Vielfalt als Bereicherung zu erleben.
  • LoBiN tritt dafür ein, dass junge Menschen Partizipation erleben und Erfahrungen der Verantwortungsübernahme, der Teilhabe und Mitbestimmung machen können.
  • LoBiN wirbt bei Erwachsenen für die Mitgestaltung an einer Verantwortungsgemeinschaft, innerhalb der sich junge Menschen frei entfalten können.

2. LoBiN verwendet einen ganzheitlichen Bildungsbegriff 

  • Bildung umfasst alles, was junge Menschen (Kinder, Jugendliche und Erwachsene im Alter bis 27 Jahren) an fachlichen, methodischen, personalen und sozialen Kompetenzen brauchen, um ein für  sie und die Gesellschaft gelingendes Leben führen zu können.
  • LoBiN trägt zur Entwicklung ganzheitlicher Bildungsprozesse durch die Ermöglichung und Verknüpfung unterschiedlicher Formen formaler Bildung, non-formaler Bildung und informeller Bildung bei. 

3. LoBiN bezieht sich auf den Sozialraum

  • LoBiN macht sich dafür stark, dass die vielfältigen Potenziale des Sozialraumes in besonderer Weise wahrgenommen, gefördert und in lokale Netzwerke eingebunden werden. 
  • Ganzheitliche Bildung erfolgt an unterschiedlichen und vielfältigen Orten (in Schule und Jugendhaus, im Verein, in der Familie, in öffentlichen Räumen und in der Natur). 
  • Ganzheitliche Bildung wird vermittelt über eine Vielzahl unterschiedlicher Menschen (Lehrer*innen, ehrenamtliche Jugendleiter*innen, Sozialarbeiter*innen, Freund*innen, Familienangehörige, Nachbarn etc.). 
  • Ganzheitliche Bildung wird vermittelt über eine Vielzahl unterschiedlicher Institutionen und Initiativen. Dazu gehören kulturelle Angebote, Bewegungserfahrungen und Spielmöglichkeiten ebenso wie Angebote der Kinder- und Jugendarbeit, der Jugendverbandsarbeit, der Jugendsozialarbeit oder Hilfen zur Erziehung.
  • Ganzheitliche Bildung wird im Zusammenspiel unterschiedlicher Bildungsträger und -akteure wirksam. Wenn es gelingt, informelle, formale und non-formale Angebote miteinander zu verweben, entsteht ein für junge Menschen tragfähiges Bildungsnetz.

4. LoBiN trägt zu mehr Bildungsgerechtigkeit bei 

  • LoBiN trägt dazu bei, dass mehr Bildungsgerechtigkeit geschaffen wird, indem Erwachsene Verantwortung für das gemeinsame Aufwachsen junger Menschen übernehmen.
  • Um Bildungsgerechtigkeit zu schaffen, bedarf es eines individuellen Ausgleichs von Nachteilen. Dazu gehört ein Blick auf den einzelnen jungen Menschen ebenso wie die Einbeziehung der Familien. 
  • Dazu gehört auch die Schaffung von Begegnungsmöglichkeiten im Gemeinwesen von  Menschen unterschiedlicher sozialer Herkunft und mit unterschiedlichen Ressourcen.
  • Zur Herstellung von mehr Bildungsgerechtigkeit tritt LoBiN dafür ein, dass mehr kostenfreie Angebote geschaffen werden und ein niederschwelliger Zugang zu ihrer Nutzung möglich wird.
  • LoBiN unterstützt professionelle Akteurinnen und Akteure dabei, zu mehr Bildungsgerechtigkeit beizutragen, indem ihr Verständnis für die Verschiedenheit von Menschen gefördert wird und ihre interkulturelle Kompetenzen erhöht werden.

Da diese Fassung des Bildungsverständnisses für viele Adresssat*innengruppen zu „sozialpädagogisch“ abgefasst war und sich bei Vermittlungsversuchen zeigte, dass diese Version nur einen kleinen Teil von Kooperationspartnern ansprach, wurde auf der Basis der Textvorlage das Bildungsverständnis in leichter Sprache formuliert. Mit dieser Version konnte der Kreis erreichter Adressat*innen deutlich erweitert werden.

 
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